Bad Alchemy
"Organism"

 

THINGS TO SOUNDS Organism (WideEarRecords, WER009):

Ein weiterer, ganz organischer Wirbel im Schweizer Jazz-Binnenmeer. War zuletzt der Drummer David Meier noch Anführer bei Hunter-Gatherer, so geht hier nun sein Weggefährte, der Altsaxophonist Tobias Meier voran. Dritter Mann ist der Pianist Yves Theiler, zuletzt Duopartner von Omri Ziegele (auf Intakt). Ziegele bestätigt prompt seinen Landsleuten, was sie mit 'Hydra' mythopoetisch andeuten. Dass sie frische Triebe seien, neue Köpfe, die nachwachsen, wo ältere eingegangen sind oder jedenfalls Moos angesetzt haben. Er nennt sie tüchtige Steinewälzer und Pfadfinder, bringt so indirekt Sisyphos ins Spiel und direkt Winnetou. Und bescheinigt damit dieser Musik Wurzeln bis zurück zu Zeithorizonten, als es noch Frontiers gab, Wildnis und vorrückende Explorer und Landnehmer. So dass nur wenig Mutwillen dazu gehört, in dieser Musik als 'Delicate Matters' den programmatischen Konflikt zu hören zwischen einerseits einem als ungeheuerlich verschrienen barbarischen Draußen, wo Hydra und Chimaira hausen (auf die Alex Hubers WideEar-Projekt Chimaira Bezug nimmt). Und andererseits jener herkuleischen Drachentöterei und Saubermacherei, für die der dritte Titel 'Faber' steht. Das wäre dann weniger ein Fingerzeig zu Max Frisch, als ein Rückgriff auf die Unterscheidung des Faber mundi, dem Schaffer und Weltbeherrscher, und dem Viator mundi, dem Pilger und Wanderer (dessen Pfade nicht zwangsläufig Einfallspforten für die theweleitschen Landräuber und Vergewaltiger werden). Die Drums, die D-Meier immer wieder auch naturgeräuschhaft einsetzt, als trappelnde Pfoten, muscheliges Windspiel oder Reibungen von Stein und Holz, und das Saxophon, gern ähnlich verhuscht oder aber auch lebenslustvoll schreiend, spielen die ungestörte Wildnis. Das Piano, bei 'Faber' dann auch ein wie kaputtes, nämlich nur bratzelndes Rhodes, mischt sich ein, ohne begradigen und entsumpfen zu wollen. Eher nimmt Theiler Teil an einem träumerischen Kauen an Grashalmen oder brodelnden Rumoren und dann auch taktkrumm geklopftem Rollen, das T-Meier fiepend und ploppend oder mit luftigem Gesprudel durchsetzt, ohne den träumerischen Schleier lüften zu wollen. Im Gegenteil.