Press Reviews / Things to Sounds / 3

Bad Alchemy
3 - Things to Sounds
Rigobert Dittmann

3 [42:02] Live (WER027), der Nachfolger zu "Transformations" (2011) und "Organism" (2013), vereint wieder Tobias Meier am Altosax als dem quasi roten Faden bei Wide Ear mit Yves Theiler an Piano & Synth und auch wieder dem Drummer David Meier als THINGS TO SOUNDS. Live, am 14.5.2016 beim Festival »Schnittpunkte der Musik« in Heiligenkreuz und als eine der Antworten auf die dort gestellte Frage „Wozu – warum – für wen freie Impro?“ Der eine Meier fischt nach Antworten in der Luft, Theiler gräbt danach im Bassregister, dass es plonkt, als hätte er die Dräte präpariert. Der andere Meier sucht Widerhall von Fell und Blech, fast wie mit Prospektoren- hämmerchen tupfend und pochend. Aber alle drei scheinen sie wie im Dämmrigen zu tasten, fragend, lauschend, als gäbe es ein 'Dahinter', als wollten sie einen Tresor öffnen. Zumindest eine Tür, hinter der es allerdings grummelnd und gewittrig dräut. 'Es', immer dieses 'es'. Zuckend und hibbelig kommt Tempo auf, in einer Verdichtung tröpfeliger Gesten, einem tickeligen und klackenden Schlaghagel mit eingemischten Pianonoten und impulsiven Saxkürzeln, auch Schmierern, ostinat ausgestoßenen Phrasen, die sich, ständig wiederholt und variiert, Bahn stoßen. Jetzt flimmrig klimpernd und verhuscht, ausgedünnt auf die perkussive Erratik. Dazu brummige Irritationen, die wohl dem Synthie zuzuschreiben sind in dieser rumorenden Phase, in der das Alto nur fiept und gestrichenes Messing aufscheint. Die brummigen Wellen, das kratzige Blech, das schrille Altodiskant, die bebende Snare, sie werden mit klickendem Schneebesen schaumig geschlagen, Theiler streuselt vereinzelte Pianoflocken, Meier tickende Sekunden dazu, der Synthie webt hintergründig orgelnd einen schimmernden Film, filigran bekrabbelt und bepocht. Das Alto zugespitzt, das Piano kristallin, um dann doch vereint zu spritzen, zu trillern, zu spotzen, zunehmend handfest und vollmundig, Theiler ganz linkslastig. Bis das Saxophon, alleingelassen, kleinlaut zagt und klagt, und in tröpfeligem Regen ganz die Stimme versagt. Aber das Piano krabbelt und wühlt sich, schrottig angeschlagen, durch zu neuem, rasantem Lebensgeist. Die Kapriole, wenn nicht als Weg, so doch als Bewegungsform, als Lebensart (wie sie etwa auch ihr Landsmann Heinz Geisser seit Langem mit Collective 4 und Ensemble 5 übt). Mit, wenn nicht sozialem und politischem, so doch esoterischem Bezug zu dem, was Fritz Ostermayer die [notwendige] "Selbstlüge der Renitenz" getauft hat. Ich als chronischer Kränkler an "melancholischer Renitenz" (W. Genazino) hätte allerdings auch nichts dagegen, die klingenden Dinge noch deutlich pataphysischer zu pfeffern.

Rigobert Dittmann, BA94
www.badalchemy.de