Jazz'n'more
"Philippe & Paul"

 

Die Repetitionen - Riffs und Vamps genannt - sind ein Hauptelement der ursprünglich durchwegs tanzbaren afrikanisch-amerikanischen Musik. Repetitionen aus der Tanzmusik - Ostinati genannt - kennt zudem auch die europäische Konzertmusik. Die Musik des Zürchers Tobias Meier und des Waadtländers Marc Méan liegt auf der Scheide zwischen Jazz-Avantgarde und neuer Klassik (Morton Feldman u.a.). Die Repetitionen werden in ihren Stücken verformt zu unregelmässigen, aber präzisen Wiederholungen, deren Zweck vor allem die Schaffung von deutlichen Zusammenhängen ist, wobei ihre metronomische Rhythmik selten groovt und eher der Neuen Musik und vereinzelt der Free Music zuneigt. Die Machart der Tonstudien variiert zwischen vollständig improvisiert und vollständig komponiert. Ihre Bausteine sind meistens bestimmte kleine Tongruppen, Gesten, die rotiert, verschoben, umkreist und transformiert werden, wobei die Spieler sich selten im gleichen Tempo und unisono bewegen. Meier fallen eher die langen, Méan die kurzen Töne zu. Der Pianist benutzt oft das Pedal und schlägt nebst Einzeltönen auch repetierte dissonante Akkorde an, deren Kontur unangetastet bleibt, während sich das Innere farblich wandelt. Nur selten erinnern die Sounds an Free Jazz; die kammermusikalische Haltung mit Reflextion und Selbstkontrolle dominiert. Und doch besitzt das Ganze eine Dringlichkeit. Eigenwillig verfolgen Meier und Méan ganz eigene Ideen.

Jürg Solothurnmann, Februar 2015