Bad Alchemy
"Philippe & Paul"

 

Philippe & Paul (WER013) will, bevor es gehört werden kann, erst befreit werden aus einem verzwickten Faltcover (das Sandra Kühne entworfen hat). Wobei da weder ein Philippe noch ein Paul zu finden ist, die Musik, die ma- chen nämlich der Zürcher Saxophonist TOBIAS MEIER und der Veveyer MARC MÉAN am Piano. Ersteren kenne ich von Raffaele Bossard's Junction Box und David Meier's Hunter-Gatherer her. Als Hunter-Gatherer und in Raphael Walsers GangArt agiert auch schon Méan neben ihm, der ansonsten mit Mats-Up oder That Pork die Tasten rührt. Mit Jahrgang 1984/'85 gehören sie zur jüngsten Generation im SwizzJazz, Méan hat nach seinem Abschluss in Lausanne in Kopenhagen weiter studiert und 2014 mit einem Pro Helvetia- Stipendium in Shanghai ganz andere Erfahrungen hinzugewonnen. Er er- öffnet mit einem 'Prélude', bei dem er wie ein spitz bepixeltes Playerpiano oder eine seltsame Spieluhr klingt. Ähnlich wirkt auch sein hämmernder Duktus bei 'Labyrinth'. Das so klingt wie es heißt, 'Leviathan' danach eher nicht. Meier ist ein luftiger Bläser und bewusster 'Wolkenhaus'-Architekt, Méan ein Konstrukteur, der gebrochene und gewinkelte Formen mag, For- men, die sich dem Licht und der Luft zuneigen, oder sogar dem Unsichtba- ren, wie das bedachtsame 'Invisible' und das gedämpfte 'Sombre' andeuten. Meier spielt mit dünnen, zerbrechlich wirkenden Luftsäulen, gemäßigt cool ('Boréal'), und sein Solo 'Cypher' mit wischelnder Zirkularatmung. Escher liegt den beiden näher als Piranesi, wie ich aus 'Trapped' schließe, wo die Treppen nicht surreal, sondern ausweglos in sich selber münden. Méans 'Boréal'-Stakkato scheint Meiers Legato nicht zu tangieren. Seine geschlauf- ten 'Line'-Schlaufen wirken jedoch durchaus fesselnd, Méan entzieht sich, wird aber wieder eingefangen. 'For Five' zählt natürlich auf und ab bis 5. Ob sie das mit 'Ethanol' intus auch noch könnten? Méan tapert da nur noch an der Wand lang, sein Partner ist außer Gefecht.